Name
Das Postwesen im alten Zürich
 
       
Abbildung
Bildtext Streikende Schneider ziehen im April 1902 durch die Rämistrasse und an der Rämipost vorbei.
Bildquelle Zürcher Wochenchronik vom 3. September 1910
 
 
Text Die Vorgeschichte

Bestimmt hat jeder von uns eine bevorzugte Poststelle um dort seine regelmässigen Postgeschäfte zu erledigen. Schon seit Jahren oder gar Jahrzehnten besuchen wir immer wieder diese uns liebgewonnene Institution. Sei es weil sie möglichst nahe an unserem Wohn- oder Arbeitsort liegt oder aus welchen Gründen auch immer.

Besonders in städtischen Siedlungsgebieten hat der Kunde noch heute eine grosse Auswahl. Mit einer ebensolchen Selbstverständlichkeit und Regelmässigkeit wird uns tagtäglich die Post ins Haus gebracht. Auch wenn wir unserem Briefkasten wieder einmal mehr Werbung als lang Ersehntes entnehmen, der Briefträger war hier.

Dass dies nicht immer so feudal war möchte ich anhand einiger ehemaliger Zürcher Aussengemeinden aufzeigen. Wie praktisch überall gab es vor dem 18. Jahrhundert keine regelmässigen Möglichkeiten Postsendungen auszutauschen. Was uns heute als nicht nachvollziehbar erscheinen mag war für damalige Verhältnisse aber völlig normal. Denn was hatte man schon zu versenden, man war froh überhaupt genug zum Leben zu haben.

 

       
Abbildung
Bildtext Blick auf die Zürcher Sihlpost mit Gessnerbrücke davor um das Jahr 1942.
Bildquelle Ansichtskarte
 
 
Text Individuelle Botendienste

An vielen Orten lag der Postdienst in den Händen einzelner Familien oder Handels-
Gesellschaften. Erst später übernahmen einzelne Kantone das Postwesen. Bevor es ein organisiertes Postwesen gab dienten früher Läufer, Reiter, fahrende
Händler und Fuhrleute, Mönche und Spielleute als Boten. In der Regel sandten sich
auch nur geistige und weltliche Herren schriftliche Mitteilungen.

Abgesehen davon waren nur wenige Personen, meist Gelehrte und Geistliche des Schreibens und Lesens mächtig. Die individuell eingesetzten Boten und Kuriere waren dann auch ausschliesslich für Herrscher, Amtsstellen, Kirche und Kaufleute unterwegs.

Und hatte man doch einmal als Privatperson das Bedürfnis eine Sendung zu spedieren, so war man auf die Gunst von bereitwilligen Reisenden, Fuhr- oder Kaufleuten angewiesen.
Eine regelmässige Botenverbindung lässt sich beispielsweise 1840 in der ehemaligen Winzer-Gemeinde de Höngg (1934 in die Stadt Zürich eingemeindet) nachweisen.

Dieser Bote besorgte kleine Transporte und Aufträge zwischen der Stadt Zürich und Höngg. Jeweils am Montag, Freitag und Samstag tauschte er in der Limmatstadt beim Zunfthaus zur Saffran die ihm anvertrauten Sendungen aus.

 

       
Abbildung
Bildtext Zürcher Standesläufer im 15. Jahrhundert.
Bildquelle Ansichtskarte
 
 
Text Die ersten Postablagen entstehen in den Gemeinden

Die Gemeinde Fluntern (1893 in die Stadt Zürich eingemeindet) verfügt 1843 noch nicht über eine eigene Poststelle. Aber im Oberpostamt von Zürich, im Zentralhof an der Postgasse, ist bereits ein Briefträger angestellt der ausschliesslich für die Zustellung in den nahen Gemeinden Fluntern und Hottingen verantwortlich ist.

Ebenfalls etwas Besonderes war früher auch der Standort einer Postablage. Dieser wechselte meist gleichzeitig mit dem jeweiligen Amtsinhaber. Sehr häufig waren für dieses Nebenamt Gastwirte vorgesehen. Noch heute zeugen viele Wirtshausnamen, wie „zur Post“ oder „zur alten Post“ von einer solchen früheren Einrichtung.

Für die Verrichtung der Postarbeiten erhielten die Amtsinhaber eine Entschädigung bezahlt, die sich ganz nach Verkehr und Grösse der Poststelle richtete. So erhielt beispielsweise der Gastwirt Johannes Guggenbühl in der Gemeinde Unterstrass 1853 anfänglich
212 Franken, später dann 300 Franken pro Jahr.

Sein Postbüro wurde per 1. Juli 1853 zur Postablage erhoben und er durfte sich fortan Postablagehalter nennen. 1864 wird sein Nachfolger bereits eine Entschädigung von 500 Franken erhalten.

 

       
Abbildung
Bildtext Ganz rechts im Bild das erste Postbüro am Kreuzplatz im Jahre 1838, gut erkennbar am Poststellenschild.
In der Bildmitte erkennen wir die von  Maur her kommende Postkutsche nach Zürich. Ganz links im Bild die ehemalige alte Kreuzkirche am Kreuzplatz (heute Standort der Tramwartehalle)
Bildquelle Federzeichnung von J.J. Speerli. Original in der Zentralbibliothek Zürich, Zürich
 
 
Text Die ersten offiziellen Briefträger

Je nach Grösse der Gemeinde wurde teilweise für den Bestelldienst, so nannte man früher den Zustelldienst, ein eigener Briefträger angestellt. Durch die Anstellung eines eigenen Briefträgers reduzierte sich natürlich der Aufgabenbereich des Postablagenhalters, was auch eine Kürzung seines jährlichen Gehaltes mit sich zog.

Das "Briefmaitli", das bis anhin in der Stadt die Briefe in einem Körbchen gebracht hatte, verschwand nach der Eröffnung des neuen Postgebäudes im Jahre 1838 an der Poststrasse und wurde durch drei Briefträger ersetzt.

Der erste Briefträger von Unterstrass, ein gewisser Herr Humbel, erhielt 1849 ein Jahresgehalt von 720 Franken. Gern gesehen als Leiter einer Postablage waren natürlich auch Lehrer oder andere Amtspersonen und zuverlässige Frauen.

 

       
Abbildung
Bildtext Gruppenbild aus dem Jahre 1911 der Mandatträger (Geldbriefträger) der Poststelle Neumünster.
In der Bildmitte mit Blumenstrauss der Jubilar der 70jährige Hans Widmer.
Bildquelle Zürcher Wochenchronik vom 15. Juli 1911
 
 
Text Der häufige Standortwechsel der ehemaligen Poststellen

Es kam natürlich auch schon damals vor dass die Funktion innerhalb einer Familie
weitergegeben wurde. Dies hatte dann meist den Vorteil, dass die postalischen Einrichtungen an der gleichen Adresse verbleiben konnten.

So auch zum Beispiel 1866 als der Postablagehalter Jakob Raths von Unterstrass verstarb, übernahm seine verwitwete Ehefrau dieses Amt noch weitere13 Jahre bis zum 31. August 1879. Da das Postwesen in der Familie blieb, konnte somit auch der Standort der Postablage an der neuen Beckenhofstrasse 31 verbleiben.

Alleine in der Zeit von 1875 bis 1896 wechselte das Postbüro Oberstrass dreimal seinen Standort infolge eines Personalwechsels. So wird das Büro von 1875-1883 an der Universitätsstrasse 94 von einem Frl. Emilie Gassmann betreut. Für die Jahre 1883-1886 wird die Poststelle ein Haus weiter zu Frl. Louise Müller ins Haus Nr. 92 verlegt.

Für immerhin zehn Jahre (1886-1896) verbleibt die Einrichtung dann an der Universitätsstrasse 33 bei Frau Louise Hotz. Zwischenzeitlich hat nämlich ihre Vorgängerin geheiratet und wurde als Frau Bommer, die Gattin des Wetterwartes auf dem Säntis.

In einigen sehr seltenen Fällen kam es übrigens auch schon vor, dass wegen Kapazitätsgrenzen ein neuer Bürostandort gesucht werden musste.

 

 
 
   
Text  Ein paar Zahlen aus der Postgeschichte von Oberstrass
 
Jahr Briefpost Aufgabe
Paketpost
Aufgabe
Paketpost
Aufgabe
Paketpost
Auszahlung
Anweisungen
1870 21‘750 1‘570 ? 440 789
1880 69‘087 2‘935 5‘482 1‘212 2‘017
1890 455‘874 9‘089 15‘138 4‘006 4‘864
1900 386‘101 32‘229 40‘963 8‘982 14‘661
1910 678‘394 68‘006 84‘860 21‘289 25‘216
 
 
   
Text

Die Poststellen

An einem älteren Haus an der Münstergasse ist folgende in Stein gehauene Inschrift
zu lesen: "Zur alten Post 1662 bis 1838". Später entstand das neue Postgebäude an
der Poststrasse beim Paradeplatz.

Das "Briefmaitli", das bis anhin die Briefe in einem Körbchen gebracht hatte, verschwand nach der Eröffnung des neuen Postgebäudes an der Poststrasse und wurde durch drei Briefträger ersetzt. Im Jahre 1849 wurde das Postwesen eidgenössisch.

Auf dem mächtigen Hof im Innern wurden die Poststücke verladen und die Pferde aus-
und eingespannt. Der Briefschalter war im Freien unter der Säulenhalle, und es war
nicht gerade angenehm, bei schlechtem Wetter zu warten, bis man an die Reihe kam.
Denn jeder Brief musste seinerzeit noch auf die Post getragen und dort bezahlt werden.

Viele der noch heute aktuellen Standorte von Zürichs Poststellen wurden in der Zeit von 1947-1949 gesetzt, und Umzugsaktionen waren fortan nicht mehr so häufig. Per 1. Mai 1947 erhielten die Stadtfilialen auch ihre neuen Bezeichnungen (z.B. Zürich 32 Neumünster), welche die alten Benennungen (z.B. Zürich 12 Neumünster), teils noch aus der Zeit der Eingemeindungen1894 und 1934, ablösten.

Einstige und aktuelle Standorte der Zürcher Poststellen

 

       
Abbildung
Bildtext Provisorium der Neumünsterpost an der Merkurstrasse, aufgenommen im Jahre 1990.
Bildquelle Bildachiv Dürst, Zürich
 
 
Text Die ersten Briefmarken

Erst im Jahre 1840 erschien das erste Postwertzeichen in England. Schon drei Jahre
später klebte man auch in Zürich Marken zu vier und sechs Rappen auf die Briefe.
Das "Züri-Vieri" für den Stadtverkehr und das "Züri-Sächsi" für das Kantonsgebiet.

Ein Brief von Genf nach Zürich kostete in jener Zeit 28 Rappen, die der Empfänger in
Zürich zu entrichten hatte. Der Absender in Genf glaubte nämlich, der Brief werde eher
befördert, wenn er ihn unbezahlt verschicke. Seltsam muss es uns heutzutage anmuten,
dass ein Brief in umgekehrter Richtung, also von Zürich nach Genf, mehr kostete.

 

       
Abbildung
Bildtext Anlässlich des Jubiläums "100 Jahre Schweizerische Postmarken" erschien 1943 ein Luxusbogen mit der Nachbildung des "Züri-Vieri" und "Züri-Sächsi". Rechts davon ein Luxusbogen von 1943 mit Ersttagsstempel.
Bildquelle Bildarchiv Dürst, Zürich
   
Abbildung
Bildtext Marken-Block mit der Ansicht der Altstadtkirchen und der Limmat.
Herausgegeben anlässlich der Nationalen Briefmarkenausstellung 1984 in Zürich
Bildquelle Philatelie PTT, Bern
   
Links zum
Thema
 
 
 
Wir übernehmen keine Haftung für die Inhalte auf den angegebenen Webseiten

marmor_quader.GIF (316 Byte) Zum Inhalt